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Brisant

Der aktuelle Freitags-Kommentar von der «Schweizerzeit»-Redaktion vom 3. Oktober 2008

Verwirrendes und Eindeutiges

Von Ulrich Schlüer, Chefredaktor «Schweizerzeit»

Die Vorgänge auf den Finanzmärkten, wo neuerdings Wertpapier-Depots selbst mit Milliardeninhalt plötzlich «spurlos verschwinden» können, bleiben für die Öffentlichkeit verwirrend. In einzelnen Punkten aber besteht Klarheit.

Klarheit besteht beispielsweise über die Summe der Sichtguthaben, über welche Privatpersonen und Firmen bei den beiden Schweizer Grossbanken UBS und CS verfügen. Sichtguthaben sind gleichsam das Blut im Kreislauf der Wirtschaft. Die Sichtguthaben sind jene Gelder, mit denen Private, Firmen jeglicher Grösse, Vereinigungen und sonst in der Wirtschaft aktive Organe ihre täglichen Finanztransaktionen tätigen. Wären - was seit einiger Zeit nicht völlig ausgeschlossen werden kann, was z.B. in den USA sogar mit noch grösseren Banken inzwischen Tatsache geworden ist - diese beiden oder auch nur eine der Schweizer Grossbanken im Verlauf der Turbulenzen auf den Kapitalmärkten kollabiert, womit die von diesen Grossbanken verwalteten Sichtguthaben blockiert worden wären, so hätte dies für die Wirtschaft der Schweiz eine Katastrophe undenkbaren Ausmasses ausgelöst. Das «Blut im Blutkreislauf» wäre schlagartig zum Stillstand gekommen. Abertausenden von Betrieben hätten die Geldmittel für die tägliche Abwicklung ihrer Geschäfte von einer Stunde auf die andere gefehlt. Der Kollaps der Finanzmärkte hätte sich unvermittelt zum Super-Gau der gesamten Wirtschaft ausgeweitet. Die Summe der blockierten Gelder hätte auch die Eidgenossenschaft zur Ohnmacht verurteilt.

Sichtguthaben und Währungsreserven

Die Schweizerische Nationalbank weist derzeit Währungsreserven in der Höhe von rund achtzig Milliarden Schweizer Franken aus. Dieser Betrag entspricht gut einem Viertel der Summe der Sichtguthaben von Firmen und Privaten bei den beiden Schweizer Grossbanken - lediglich einem Viertel. Also selbst dann, wenn die Nationalbank ihre sämtlichen Währungsreserven zur Rettung der Schweizer Wirtschaft im Falle eines Kollapses der Grossbanken freigeben würde, könnte lediglich gut ein Viertel der blockierten Summe für den existenzsichernden Blutkreislauf der Wirtschaft bereitgestellt werden. Das ist zu wenig.

Bei allen verwirrenden, sich überstürzenden Vorgängen auf den Finanzplätzen ist somit eine Schlussfolgerung zwingend: Die Währungsreserven der Schweiz sind angesichts des Umfangs und der Risiken der Transaktionen auf den Finanzmärkten zu erhöhen. Schritt für Schritt, Jahr für Jahr. Natürlich sind auch die in der Zwischenzeit offenkundig gewordenen Klumpenrisiken, die sich bei den weltweit tätigen Grossbanken angesammelt haben, gezielt abzubauen, sorgfältiger zu verteilen. Doch selbst, wenn dies ideal gelänge, muss die Summe der heute von der Nationalbank gehaltenen Währungsreserven als zu klein beurteilt werden.

Vergleichsweise klug gehandelt

Im Rückblick kann den Schweizer Grossbanken, insbesondere der von der US-Hypotheken-Krise schwer betroffenen UBS zwar attestiert werden, durch frühe Offenlegung der eingetretenen Milliardenverluste weit klüger gehandelt zu haben als die noch stärker betroffenen amerikanischen Grossbanken, welche viel zu lange davon ausgingen, sich schliesslich durch die Finanzmarktkrise irgendwie durchwursteln zu können. Die UBS hat ihre Milliarden-Abschreiber zu einem Zeitpunkt vorgenommen, als neues Kapital noch mobilisiert und eingeschossen, das schlimmste damit verhütet werden konnte, die Schweiz keine milliardenteure Rettungsaktion mit Bundesgeldern improvisieren musste. Die Amerikaner haben diesen Zeitpunkt verpasst - dort kann nur noch der Staat mit aberhundert Milliarden von Steuergeldern den totalen Zusammenbruch abwenden.

Da die Folgen dieses Handelns heute selbst für Fachleute alles andere als durchschaubar sind, bleibt die Erhöhung der Schweizer Währungsreserven unabdingbar.

Die Jahresgewinne der Nationalbank

Die Nationalbank schüttet ihre Jahresgewinne bekanntlich zum grössten Teil an den Bund und an die Kantone aus - nicht selten mehrere Milliarden jährlich. Die erste Frage zu dieser Ausschüttungspolitik muss lauten: Wie entstehen derzeit überhaupt Gewinne bei der Nationalbank? Sie sind einerseits das Resultat des Geld-Ausleihgeschäftes vor allem mit Geschäftsbanken. In den letzten Jahren waren die beträchtlichen Gewinne der Nationalbank indessen hauptsächlich Folge der kontinuierlichen Wertsteigerung des Goldes in den Währungsreserven. Die Goldreserven werden seit einigen Jahren bekanntlich zu Marktpreisen bilanziert. Das Resultat ist eher grotesk: Weil die Wertsteigerung der Goldreserven nicht selten den Haupt-Jahresgewinn der Nationalbank ausmacht, muss die Nationalbank, um ihren Gewinn an Kantone und Bund ausschütten zu können, Gold verkaufen. Weil der Buchgewinn im Gold liegt. Physisch, also in Tonnen wird Gold verkauft, weil der Mehrwert des Goldes Gewinnausschüttungen an Bund und Kantone bewirkt.

Die Finanzmarktkrise stempelt solche Verkaufspolitik zur Groteske. Goldreserven sind die solidesten Währungsreserven. Weit solider als Dollar und Euro, die durchaus von den Finanzmarkt-Strudeln erfasst und mitgerissen werden könnten.

Reserve-Politik muss ändern

Im Blick auf die klaffende Lücke zwischen den Sichtguthaben von Firmen und Privaten bei den beiden Grossbanken einerseits, den Umfang der heutigen Währungsreserven andererseits ist die schrittweise Erhöhung dieser Reserven unverzichtbar. Goldverkäufe darf es schlicht nicht mehr geben. Der Goldbestand (in Tonnen, nicht nach Marktwert) ist untastbare Notreserve. Als solche ist der Goldbestand aus der Jahresbilanz der Nationalbank herauszulösen. Zur Ausschüttung an Kantone und Bund dürfen nur noch Gewinne aus Transaktionen ausserhalb des Goldmarktes zur Verfügung stehen.

Die Nationalbank muss ihre Währungsreserven nicht abrupt, aber kontinuierlich, Schritt für Schritt, Jahr um Jahr erhöhen. Im Rahmen der Erhöhung der Währungsreserven muss der Goldanteil, der heute knapp einen Drittel beträgt, unbedingt gehalten, wenn irgend möglich erhöht werden. Im Rahmen der Vergrösserung der Währungsreserven haben also auch Goldkäufe stattzufinden. Den Zeitpunkt dazu kann die Nationalbank mit Blick auf die Marktlage selber bestimmen. Insgesamt darf der Wertanteil des Goldes an den Währungsreserven keinesfalls kleiner werden. Der unverkäufliche Goldbestand (in Tonnen gerechnet) muss wachsen, als unantastbarer Notvorrat aber aus der Bilanz der Nationalbank ausgegliedert werden.

Es geht um den Schweizer Franken

Die Neuausrichtung der Reserve-Politik wäre eine erste, unverzichtbare Antwort der Schweiz auf die Turbulenzen auf den Kapitalmärkten, deren Ende ebensowenig absehbar ist wie die Konsequenzen daraus. Solch überlegte Reservepolitik ist notwendig, damit der Franken seine Stabilität bewahren kann - auch dann, wenn die anhaltenden Turbulenzen auf den Finanzmärkten einzelne Währungen mit in den Strudel reissen sollten. Solide Reservepolitik ist unverzichtbares Fundament für einen soliden Schweizer Franken auch in turbulenten Zeiten. Solche Politik würde nicht nur allen Schweizern, vielmehr auch der ganzen Welt klarmachen: Die Verteidigung eines gesunden Frankens ist das oberste Ziel schweizerischer Währungspolitik. Das nationale wie das internationale Vertrauen in den Schweizer Franken würde damit markant gestärkt - zum Vorteil der Schweizer Wirtschaft, zum Vorteil aller, die selbstverantwortlich Vermögen gebildet haben.

Ulrich Schlüer

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